Der Walensee in den östlichen Voralpen
verbindet die Kantone St.Gallen und Glarus und ist nicht zuletzt wegen
seiner Steilufer ein bekanntes Verkehrsnadelöhr. Der Warenverkehr
zwischen Zürich und Chur wurde daher bis in die Neuzeit über den See
abgewickelt. Die ehrwürdige "Schweizer Ostbahn" zwischen
Sargans (Rheintal) und Ziegelbrücke (Zürichseebahn) wurde bis 1859 in
Etappen eröffnet und verlief reizvoll am südlichen Walenseeufer mit vielen
Tunnels entlang. Der Straßenverkehr musste jedoch über die
Kerenzerbergpassstraße ausweichen.
Aufgrund der günstigeren Zugänglichkeitsumstände
betrachten wir die Relikte in Ost-West-Richtung.
Seit den 1930ern wurde die Walenseebahn
begradigt und ausgebaut. Schon hierbei entstanden Verkehrsrelikte, zuvorderst
der alte Bommerstein-Tunnel (betrieben bis 1941). Von
Süden zugänglich und als (Traktor-) Abstelle verwendet, ist das Nordportal
wegen des nahen alten Hotels (heute Flüchtlingsheim) überschüttet, von
einem Schacht jedoch zugänglich:
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Bommerstein von Süden... |
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...guter Zustand, auch... |
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...innen (2010) |
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Bommerstein im Jahr 2012... |
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...ein Blick nach innen, sowie
der Zugang... |
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...am Nordportal |
Nächster bedeutender Punkt
ist der Ort Mühlehorn. Hier hatte die Bahn nach Felsstürzen
1899 eine Neutrassierung mit dem 133m langen Stutztunnel bekommen; das alte
engkurvige Trassee wird verwendet von der Nebenstraße Tiefenwinkel.
Bedeutsame Veränderung
schließlich 1961 mit Eröffnung des doppelspurigen Kerenzerbergtunnel:
die alte einspurige Trasse zwischen Mühlehorn und Weesen mit den Tunnels
konnte zur Walenseestraße umgebaut werden, wobei allerdings die
einspurigen Bahntunnel Hechlenhorn (86m - beseitigt), Glattwand (111m),
Standenhorn (258m) und Weisswand-Ofeneck (781m) aufgeweitet bzw. abgeschnitten
werden mussten. Für diese Nationalstraße 3 direkt am Seeufer
entstanden die zweispurigen Autotunnel Stutz (144m), Mühlehorn (260m), Glattwand
(100m), Standenhorn
(230m), Weisswand
(460m) und Ofenegg
(370m): Eröffnung 1964. Jahrzehnte eine Unfall- und Staufalle, entschärft
erst 1986 mit Eröffnung des Kerenzerberg-Autotunnel mit zusätzlicher
Autobahnspur bergseitig. Seither dient die Walenseestraße der Autobahn
3 als Richtungsfahrbahnen in Westrichtung.
Ein Relikt jener Zeit die
alte Raststätte Walensee, seit Herbst 2004 leerstehend; hier ein günstig
gelegener gleichnamiger Parkplatz, um den Hauptreliktbereich der alten
Walenseebahn zu erkunden. Mit Umbau des Bahntrassee zur Straße entstand
ein Fuß und Radweg, der Teile der Trasse inklusive Tunnel nutzt !
Dieser Weg kommt etwas abenteuerlich am Berghang von Mülital her, passiert
direkt den alten Betonklotz des Rasthauses und verläuft nun parallel zur
Autobahnspur, diese unterirdisch kreuzend:
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Raststätte Walensee von Westen
(mit Hinweisbe- |
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-malung aus Gegenverkehrszeiten |
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A3 Blick West, Standenhorntunnel,
links Radweg |
Der Autobahntunnel Standenhorn wird
in einem beleuchteten S-förmigen Stollen unterquert; ab dessen westlichem
Ausgang (an dem man das alte, verbaute Portal des Bahntunnelwestportals
erahnen mag) verläuft der Radweg auf der nördlichen Seite unmittelbar am
Seeufer, teils Hangbrücken benötigend.
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Stollenende unter Standenhorn;
rechts oben... |
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...die ehem.
Bahntunnelportalmauer ? |
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A3-Galerie Standenhorn von Westen |
Nach einem vergleichsweise
breiteren Uferbereich, bei der Radweg und Autobahn parallel geführt werden
(und unmerklich den in den See stürzenden Filzbach queren), kommt der Höhepunkt:
die Weisswand. Die Straße führt nun bergseitig durch den neuen Tunnel
Weisswand - der an seinen Enden je Galerieschutzverbauten trägt - und mündet
direkt in den Ofenegg-Straßentunnel. Die Bahntrasse kann zunächst
durch den unverbauten Tunnel Weisswand (mit Fenstern und sogar einem
Kilometersteinrelikt) als Radweg erlebt werden; am westlichen Ende jedoch muss
der Radweg den alten Tunnel mit einer engen Kurve verlassen, da die
Trassenlinie von der sich wieder dem Ufer nähernden Autobahntunnel besetzt
wird (und damit Teile des Bahntunnels umgebaut umfasst).
Ein Notausgang des Straßentunnels mündet in den Velotunnel im Bereich dessen
S-Kurve.
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Weisswandtunnel OP |
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...hier eine Art Galerie-Beginn |
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beleuchtet (2010) |
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Blick West, rechts die Fenster |
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Gute Beleuchtung |
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Merkliche Querschnittsänderungen |
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Innen (im Originaltunnel?)
km-Stein 28,4 |
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Das Velo-Portal neben dem
Autotunnel |
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Veloweg unterhalb A3-Galerie |
Der Abschnitt zwischen
Weisswand und Ofeneck ist von der A3-Galerie (die beide gleichnamigen Tunnels
verbindet) mit tieferliegendem ufernahen Veloweg geprägt. Während die
Autobahn nun wieder bergseitiger "verschwindet" - nicht ohne die
Teile des alten Ofeneck-Bahntunnel-Ostportals beseitigt zu haben, läuft der
Veloweg reizvoll zwischen Ofeneck-Felshang und Kiesgewinnungsuferfläche dem
Linth-Escher-Kanal entgegen.
Zwischen dem Felsbewuchs
findet der aufmerksame Beobachter die beiden alten Fenster des
Ofeneck-Bahntunnel; das östliche Fenster ist begehbar und mündet nach
einigen Metern in den stockfinsteren Ofeneck-Tunnel: er ist feucht, aber
ohne sichtliche Verstürze oder Brüche:
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Das westliche
Ofeneck-Tunnelfenster |
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Innen Blick Ost, Mauer (dahinter
Autobahntrasse) |
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Blick West, irgendwann käme das
Portal |
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Das westliche, vermauerte
Tunnelfenster |
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Veloweg Blick Ost, Reste des
Heerweges |
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Das westlichere Fenster indes
endet (wohl auf Höhe der Tunnelröhre) an einer Betonwand. Wenige
Dutzend Meter weiter aber überdauert das (ebenfalls verschlossene) Westportal
des alten Ofeneck-Tunnel als Eisenbahnrelikt seit über einem halben
Jahrhundert.
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Weisswand-Ofeneck: das
Westportal... |
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....in abgeschiedener... |
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...Waldumgebung |
Unweit verlassen Veloweg,
alte Bahntrasse, neue SBB-Strecke, alte Walenseestraße (A3 Westfahrbahn) und
neue A3 (Ostfahrbahnen, Kerenzerberg-Tunnel) das Bergmassiv des
Kerenzer-Berges und erreichen die Linth-Ebene. Der Linth-Escher-Kanal
wird hierbei von allen überquert; dankenswerterweise geschieht dies im Falle
des Rad- und Fußweges auf der alten Eisenbahnbrücke:
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Blick Kerenzerbergmassiv |
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Die alte Bahnbrücke über dem
Linth-Escher-Kanal |
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Komplettiert wird die
reichhaltige Reliktlage noch durch den historischen Heerweg; er ist großteils
als Fußpfad bergseitiger eine Alternative zum Veloweg.
Quellen / Linktipps:
http://www.sarganserland-walensee.ch/lokalgeschichte/heerweg/heerweg.htm
http://www.autobahnen.ch/index.php?id=3&direction=2&lg=000&page=015
Auf Google Streetview lassen
sich alle Autobahntunnels im Detail betrachten; es sind auch Schwenks zum
Radweg respektive dessen Stollenportalen möglich...
Hinweis aus aktuellem Anlass: die
Fremdenfeindlichkeit der (tatsächlich an Überfremdung leidenden) Schweiz ist
in der polyglotten Region Genf am geringsten, sodass Urlaubspläne (so sie
bestehen sollten) sich auf diese, den lieben französischen Regionen Chablais
und Savoien nahen Gegenden konzentrieren sollten....
Fotos: Lorenzo Costini (9), Autor