Werratal.

Grenzgebiet zwischen Hessen und Thüringen

Auf ihrem Weg vom Thüringer Wald nach Münden wo sie sich mit der Fulda zur Weser vereinigt fließt die Werra durch ein von Kalibergbau und Landwirtschaft geprägtes Land;  trotz ihrer ausgeprägten Mittellage zwischen den heutigen Bundesländern bildete sie selbst nur an einigen Stellen die innerdeutsche Grenze, so bei Lindewerra an der alten Nord-Süd-Strecke (wo ein Gebietstausch diese Strecke dem Westen "rettete"), bei Großburschla am Fuße des Horchpostens Heldrastein, bei Herleshausen und Vacha.  Die Werra wird praktisch auf ihrem gesamten Verlauf von teils berühmten Bahnstrecken begleitet

  • ab Eisfeld über Meiningen bis Bad Salzungen von der uralten Werrabahn (einst Coburg-Eisenacher Strecke) - heute immerhin noch von Regionalbahnen befahren

  • im Kaligebiet um Gerstungen / Heringen / Vacha dessen Abfuhr mit umfangreichen Werksbahnen dienend

  • vor Eisenach die alte Hauptbahn (Frankfurt-) Bebra - Erfurt aufnehmend, nun wieder ICE-geehrt

  • bei Creuzburg / Treffurt / Wanfried mit Regionalstrecken versehen - Dorado der Morbidität

  • bei Schwebda / Eschwege ein kurzes Stück die Kanonenbahn grüßend

  • sowie gen Norden mit den talprägenden elektrifizierten Hauptstrecken Nord-Süd sowie Kassel-Göttingen

Von der alten Werraeisenbahn zweigten diverse Stichstrecken ab, in den allermeisten Fällen lange stillgelegt (s.a.Thür.Wald)

  • die Schmalspurstrecken nach Schönbrunn bzw. Friedrichshall - mit eher wenigen Relikten; in Hildburghausen kleines Loren-Denkmal (derzeit abgängig)

  • die alte Rennsteigquerung von Vacha über Schleusingen nach Ilmenau - erst jüngst verkehrsbefreit und noch bewunderbar

  • und die zum Fuße des "Waldes" strebenden Strecken nach Trusetal (1899-1966) bzw. Steinbach (1889/1927-1968):

Wernshausen: Damm und osttypische Fernwärmerohrleitungen
Die alte Werrabrücke der Trusebahn (je 1998)

 

Werrabrücke der Strecke nach Steinbach (2002) Blick über Bahndamm zur Burg Liebenstein

 

Grenze und ihre Folgen

Viele Grenz- und Bahnchronisten konzentrierten sich zurecht auf die grenzverlaufsbedingt problematischen Bahntrassen um Philippsthal / Vacha / Gerstungen.  Die mehrfache Grenzüberschreitung der Werratalbahn östlich Gerstungen ließ die DDR eine eingleisige Umgehungsstrecke bauen, die von Gerstungen nach Wolfsburg-Unkeroda (bzw. Epichnellen-Unkeroda bzw. Förtha) führte und dort (wenig südlich des Förthaer Tunnel) auf die andere altehrwürdige Werrabahn (Coburg-) Meiningen-Eisenach traf;  als 1992 die Strecke im Werratal um Herleshausen wieder befahrbar war konnte sie bald eingestellt werden.

Links Umgehungs-Streckenbeginn bei Förtha (km 1) neben Werratalbahn mit Ludmilla-Sandwich-Güterzug (1997), sodann Blick von Wegbrücke zu ex-Trasse heute Feldweg (mit Stein 1,7); besagter Weg führte einst nach Eckardtshausen - über eine zunehmend baufällige Brücke über die Werratalbahn, welche in der Wendejahrezeit abgetragen wurde.  Die sofort gelieferten Betonfertigteile für die Neubrücke liegen noch immer innerhalb des einstigen Gleisdreiecks (je 2005), denn es hatte natürlich eine strategische Kurve zwischen Umgehungsstrecke und Werrabahn Richtung Süden gegeben.  Diese Strecke wurde interessanterweise in den offiziellen topografischen Karten Hessens total falsch eingezeichnet - der DDR-Kartentäuschung auf den Leim gegangen oder bewusste Verschleierung der sicher umfassenden NATO-Aufklärung ???

Rechts strateg.Kurve Richtung Bad Salzungen Die Brücke über die B84 - längst Geschichte
Signalruine "Schneepflug heben" wegen besagter
Brücke über B84 bei km 2,5  -  jeweils Blick Förtha
Bei Oberellen: Wegbrücke 2005 - Wildnis i.G. Bk Oberellen und die Brücke im Hintergrund (1997)
Funktionsgebäuderuine nahe Bk Dietrichsberg
Blick Gerstungen  
Brücke im Modellbahnstil 
(je 1997)
Werrabrücke bei Gerstungen (km 13,8) 1997:
Die Umgehungsstrecke hat ihre Schuldigkeit getan
2005 ist die Brücke über die Hauptstraße in Gerstungen
ihres Überbaus, Schienen und Schotter beraubt.

In Gerstungen selbst mündet von Süden die Kaliabfuhrbahn (und wirklich "Werratalbahn" genannte Strecke 6707) aus Philippsthal ein; ihre früher größere Bedeutung liest sich u.a. daran ab, dass sie auch mal zweigleisig war, ihre Einführung in den Abzweigbahnhof sogar kreuzungsfrei gestaltet war (somit eine Art Unterführungstunnel stillgelegt ein Relikt beisteuert).  Weniger bekannt und mehr Richtung Reichsautobahnrelikt verortet ein altes Sandsteinbrücken-Widerlager an der Autobahnausfahrt (FR Kirchheim):  es erinnert an eine unvollendete "Umgehungsbahn", die im Zusammenhang der "strategischen Bebra-Umfahrung" stehen mag (Brückenrelikte bei Philippsthal siehe unter "../ulstersack");  als Baureste waren eine Brücke über die Hauptbahn (zu DDR-Zeiten Straße, heute nur Widerlager am Weg "Am Berg") sowie Dämme und Widerlager über die RAB (heutige A4) nebst nördliche Aus-/Zufahrt vorhanden - ob bereits Erdarbeiten am Fuldaischen Berg stattgefunden hatten geht weder aus alten Karten noch heutigen Luftbildern hervor.  Eindrücke von 2018:

Ehem. 2.Gleis aus Süden, hier unter alter Landstraße Tunnel unter Hauptbahn Blick von Brückenkopf "Unvollendete" Richtung Bhf
Versteckt oberhalb der AS... ...Flügelmauern des Widerlagers der "Unvollendeten" recht guter Zustand, bessere Fotos im Winter (2018)

  

Wenig südlich -um Berka- laden kurze aber prägnante Anschlussstrecken nach Dippach bzw. Alexandershall zu einem Besuch ein:

1992:  Alte Trasse mit Stein 1,2 und...

...Werrabrücke der
 Anschlussbahn Alexandershall

Im Februar 1993 stand noch diese Brücke der Anschlussbahn
zum Schacht Abteroda

 

In Dankmarshausen gab es kurze Zeit eine Kalischachtanlage mit Gleisanschluss; die aufwändige Brücke von 1911 überdauerte Diktaturen und ohne ursprünglicher Zweckbestimmung zu dienen 80 Jahre Zeitgeschichte...

Foto von 1996 zeigt im Vordergrund die heute immer wichtigere Kaliabfuhrbahn Richtung Gerstungen sowie von der ganzen Thematik unbeeindruckte Kreatur...

 

Die Situation bei Unterbreizbach / Philippsthal

Die Strecke Bad-Salzungen - Wenigentaft verlief bereits zwischen km 18,6 und km 20,7 inklusive des Haltepunkts Philippsthal Süd auf hessischem Gebiet und wurde aus Grenzsicherungsmaßnahmen 1952 gesperrt - die DDR hatte eine steile Umgehungsstrecke Vacha-Unterbreizbach in die Erde gestampft, besonders die ungestörte Kaliabfuhr war unverzichtbar.  Vacha überhaupt ist ein Dorado in Sachen Grenz- und Bahngeschichte: hier kam auch die Strecke aus dem hessischen Philippsthal (von Gerstungen) herein.  1998 war die DDR-Anbindungsstrecke Unterbreizbach noch in Betrieb während der uralte Ast gen Phillipsthal immerhin noch überwachsene Schienen bot (die freilich nach kurzer Strecke einem Privatweg auf hohem ex-Bahndamm wichen; Bild links) - 2005 fand sich zur großen Überraschung in absoluter Grenznähe der Bahnkörper als Dammweg mit reichlich Schienenresten, zum Teil etwas beiseite geschoben:

 

Blick zum Oechsen bei km 20,3 (von Bad Salzungen) 1995 (oben) und 1998 (links):
Feldwegbrücke der 1950er Jahre bereits abtragungswürdig.

Diese steile Strecke nach Neubau eines Werksgleises zwischen Unterbreizbach (Thür.) und Philippsthal (Hessen) entbehrlich und seit 2000 stillgelegt.

Linktipp: heutige Zustände auf Reiner Schrufts Seiten

Angesprochene Strecke nach Wenigentaft durchfuhr den "Ulstersack" - Grenzgeschichte pur:  Spezialseite in Vorbereitung.

 

Blick nach Norden - die Königsstrecke:  Treffurt - Wartha  (1962 stillgelegt)

Nahe Pferdsdorf - Brückenruine (1996). Hinten: A4 Creuzburg alter Bahnhof 1996 mit verbleichender Schrift

Kurz vor Creuzburg ist das alte Brückchen über die Ifta wohl erst nach der Wende demontiert worden, die alte Trasse von einem Landschaftspark "überbaut" - dieser ist frei zugänglich, prämiert und vom nahen Möbelwerk Pollmeier "gestiftet":

Geringste Widerlagerreste über die ...Ifta (2011)

Zurück auf dem Weg gen Norden:

Werrabrückenpfeiler nördlich Creuzburg 1998... ...und bei Mihla ("An der Werra hellen Wiese...") 2002
Widerlagerreste bei Falken, links dito über Werra 1991

 

Um Treffurt mit seiner beeindruckenden Burgruine Normannstein kostete die innerdeutsche Grenze weitere Linien das vorzeitige Ende:  nicht nur dass vom thüringischen Treffurt nicht mehr ins hessische Wanfried gereist werden sollte, auch die Linie nach Mühlhausen führte bei der Feldmühle (Bild zeigt Einschnitt bei Feldwegbrücke) ein Stück über bundesdeutsches Territorium mit der Folge ihrer Einstellung 1953...
Der Bahndamm westlich Treffurt (Strecke nach Schwebda, ex-KBS 186h) war zu DDR-Zeiten im unmittelbaren Grenzbereich abgetragen worden um ungehinderte Sicht- und Schussverhältnisse zu gewährleisten.  Die Feldwegüberbrückung bereits in Hessen überdauerte die Zeiten, beim Bau des Werratalradweges auf der Bahntrasse (Beton-km-Steine in Thüringen sogar noch vorhanden) wurde die Dammfehlstelle wieder aufgeschüttet.  Bilder zeigen Zustände 1992 und 1997:

Richtung Westen - schöne alte Empfangsgebäude und alsbald Treffen der ehrwürdigen Kanonenbahn (i.V.):

Großburschla mit km 13 - einst grenzdurchzogen (1996) Wanfried 1992 noch mit Gleisflächen

 

Die alte Mühlhausen-Treffurter Nebenbahn (ex-KBS 186g) nimmt ("rückfahrend" betrachtet) nun bei Wendehausen (typisches Bahnhofsgebäude, schön restauriert) den Unstrut-Hainich-Radweg auf, führt über Dämme, Einschnitte und Wegüberführungen, kommt an der ästhetischen Heyerode-Brücke zum "Höhepunkt", lässt sich am im Wald einsam gelegenen alten Bahnhofsgebäude in Form einer Gaststätte mit Biergarten "verwöhnen" um dann weitere Trassenbereiche den Archäologen zu überlassen.  Diese können bei Oberdorla (nahe des geographischen Deutschland-Mittelpunkts) ein abruptes Trassenende (neues Gewerbegebiet) vorfinden nicht ohne im Stadtgebiet von Mühlhausen mit einer Straßenbrücke (Am Rieseninger Berg) über tiefem verwucherten Einschnitt sowie großer Bahnbrücke über der Thomas-Müntzer-Straße ein allerletztes Mal fündig werden zu können:

Bahnhof Wendehausen, Gleisseite 1996
Heyerode:  Bahnbrücke größtes Relikt, jetzt Radweg (2002) Trassenwüstung im Wald östlich Heyerode (1996)

 

Bahnbrückchen und Trassenende bei Oberdorla Mühlhausen:  letztes Relikt vor dem Streckenende (je 2002)

 

Eine der ältesten stillgelegten Bahntrassen Deutschlands befindet sich wohl bei Eichenberg, am Dreiländereck Niedersachsen / Thüringen / Hessen:  da sich der Hauptverkehr an der alten Nord-Süd-Strecke immer in den Relationen Bebra - Göttingen und Kassel - Halle abspielte meinte man schon 1884 die Direktkurve Göttingen - Halle einsparen zu können; schließlich ist ein Umsteigen oder Kopfmachen in Eichenberg unweit möglich.  Der stark überwachsene Bahndamm ist noch heute über Kilometer in der Landschaft zu verfolgen; erst kürzlich erfolgte der Bau einer neuen, wesentlich kürzeren eingleisigen elektrifizierten Kurve, befahren von der KBS 600 (RE Göttingen - Erfurt - Zwickau). Die innerdeutsche Grenze führte zusätzlich (bis 1990) zu einem stillliegenden Damm zwischen Eichenberg und Arenshausen und auch eine Ziegelei-Anschlussstrecke lohnt einen Besuch dieses Grenz-Gebietes.

Bei Niedergandern ist der alte Eisenbahndamm ein rudimentärer Radweg, mit Erinnerungsschild gekrönt.

Ehem. Todesgrenze Blick Kirchgandern.
Im Busch versteckt sich eine Grenzgrabenbrücke
Perfekte "Wüstung" bei Niedergandern Hier auch Bachdurchlass in Topzustand;
oben besagter Radweg
Altes Bw-Häuschen an altem BÜ Alter Bahndamm mit Pfad... ...oder als Buschspur vor Friedland, je 2008

 

Weitere Appetithappen vorab:

Im nördlichen Hessen sind gleich zwei große alte Bahnbrücken über die Werra Relikte; ihre Strecken aber sind es wert, eingehender beleuchtet zu werden, daher hier vorerst nur einzelne Fotodokumente.  Ganz im Norden die altehrwürdige Hauptstrecke Kassel - Göttingen über Hann.Münden; hier neben der alten Werrabrücke auch Reste der alten Hafenbahn sowie der sehr ästhetische Volkmarshäuser Tunnel:

2008: Die Werrabrücke Hann.Münden Altes Bw-Haus, Gleisrest Km-Stein 146,9, Stützmauer:  Hauptbahninsignien
Hafengleisreste,... ..., schon überbaut Der schöne Volkmarshäuser Tunnel 1993

Bisschen südöstlicher der nördliche "Beginn" der Gelstertalbahn, ebenfalls mit großer Werrabrücke (diese Trassenteile waren am längsten, immerhin bis 1998, in Betrieb) und Relikten alter Anschlussgleise:

Die erneuerte Werrabrücke oben ein (illegaler) Schulweg
Vorbrückenteile Bahnhof Witzenhausen Süd Gelstertalbahn, vorne Agl-Rest (je 2008)
Blick auf Hundelshauser Einschnitt ('08) Gleisreste nahe der ehem. Brückenquerung B27,... ...diese abgetragen (je 2009)

 

Großer Sprung nach Süden:

Hildburghausen  -  Lindenau=Friedrichshall   (ex KBS 190f) und Basaltanschlussbahn Gleichamberg  (1888-1946)
Das Kaliwerk Friedrichshall war unter anderem Anlass für die Errichtung dieser meterspurigen fast 30km langen Bimmelbahn, die das weite Land um den Gleichberg und die Feste Heldburg erschloss.  Gewaltige Basaltbrüche am Großen Gleichberg hatten zudem eine längere Anschlussbahn bedingt, die wie die gesamte Strecke reparationsbedingt kurz nach dem Weltkrieg abgebaut worden war, nach starker Frühjahrserosion 2003 aber uralte Holzschwellenreste freigab...

Schwellenreste... ...und Waldwegdamm im Wald nödlich Stressenhausen
Buschdamm... ...nahe Simmershausen, dort... ...alter Bahneinschnitt heute Umgehungsstraße (je 1996)

 

Schiene vor Basaltwerkruine Gleichamberg ...und Holzschwellenreste in Feldweg (2003)

 

Zugabe: Schienenreste der Feldbahn des ehemaligen Baustoffkombinats Beton- und Ziegelwerke Themar - aufgefunden wegen Eintrags in der Fritsch-Wanderkarte.  Trasse verband einen Steinbruch außerhalb des Ortes mit dem am Bahnhof gelegenen Werk.

 

 

 

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