Elsaß.  Der Norden.

Ein wunderbarer Flecken Erde

Das Elsaß, die historische Kulturregion zwischen Vogesen und Rhein ist zu jeder Zeit eine Reise wert.  Die über Jahrhunderte währende Zugehörigkeit zu Germanien (bzw. den unterschiedlich legitimierten "Rechtsnachfolgern") ist noch vielerorts zu spüren, nicht zuletzt in der heute häufiger anzutreffenden eigenständigen Sprache.  Auch der Einfluss Frankreichs hat positive Aspekte, man erinnere nur an die edlen Tropfen die in den Departements reifen...
Eigenständigkeit markiert ebenso der -im Gegensatz zum Restreich- fortdauernde Rechtsverkehr auf den zweigleisigen Eisenbahnstrecken.  Ebenso wie in Deutschland und Frankreich sind allerdings viele Strecken, natürlich zuerst Nebenstrecken seit den 1940ern stillgelegt worden; damit sind Ober- und Unterelsass überaus bereisenswerte Landstriche, von Saarland, Pfalz und Baden ohnehin schnell und günstig erreichbar.
Von Nord nach Süd seien hier einige Eindrücke zusammengestellt; für zwei Strecken liegen bereits nicht zuletzt dank günstiger häufiger Vorbeifahrlage, vollständige Trasseneindrücke vor.

Beginnen wir am Westrand des Vogesenwaldes (administrativ schon Lothringen, gefühlt aber Elsaß) mit zwei unterschiedlichen Strecken:

Diemeringen - Drulingen    Ehem. KBS 284c
Diese bis Saarburg reichende Bahn verband die Hauptstrecken Straßburg - Saarbrücken und Straßburg - Metz; ihre Entstehung aus strategischen Gründen (eröffnet zwischen 1913 und 1936) deutet auf ein eher nicht vorhandenes Verkehrsbedürfnis hin, sodass ihre schleichende Stilllegung (Pv nur bis 1945) nicht weiter Beachtung finden würde (wenn es denn nicht Webseiten gäbe ;-)  Immerhin: die Stahlfirma Sotralentz in Drulingen garantiert einen Güterrestverkehr ab/bis Sarrebourg; der Werkskomplex hat sich auf das Planum der früher abzweigenden Schmalspurbahn (s.u.) ausgedehnt.

Diemeringen, links einst von Drulingen Mackviller, rechts v/n Drulingen (je 2006) Bei Mackwiller - Wegunterführung 1994
Trasse aufgefüllt bei Rexingen Tiefer Einschnitt bei Bettviller Drulingen; links ist (später gebaute) Sarrebourger Strecke; rechtes Widerlager ex-Schmalspur s.u.

Lutzelbourg  - Phalsbourg - Drulingen   Ehem. KBS 284d
Diese 1000mm-Schmalspurbahn exisiterte schon seit 1883 (bis Graufthal; bis Drulingen verlängert 1903) und war auch wegen der Garnison Pfalzburg (Stichstreckenast ab Rothäusel) gebaut worden.  Diese "Eselbahn" sah 1944 immerhin sieben Zugpaare (Lützelburg - Rothäuser) bzw. drei auf dem großen nördlichen Abschnitt und war, weil unrentabel 1953 stillgelegt worden.
Eindrücke von 2007 in der Abfolge von Norden (Drulingen):

Oben:  statt Trasse Häuser..., ...Werksparkplatz,... ...oder Fabrikhallen; letztes Bauwerkle
Trimmpfad südlich Drulingen Bhf Graufthal von Süden Altes Bahnbrückle nahe Graufthal
Trasse unweit Berling Alter Bahnhof Berling Alter Einschnitt bei Vilsberg
Bhf Rothäuser = Maisons-Rouges Altes Stationsschild Ehemaliger Lokschuppen Maisons-Rouges
Lutzelbourg: Straße auf Bahntrasse und ... Weg auf Bahnbrücke (je 2007)

Parc naturel régional des vosges du nord

Ganz im Norden, wo Burgruinen in unüberschaubarer Zahl grenzüberschreitende Wanderwege säumen, wo der mächtige Pfälzer Wald in den nicht minder attraktiven Nationalpark Nordvogesen übergeht, ist eine wichtige Fernnebenbahn erst in den 1990ern eingestellt worden:

Bitche - Niederbronn  (Strecke 35)
Die 1869 eröffnete Strecke verband Sarreguemines mit Haguenau und bot damit eine günstige Verknüpfung von England und der Schweiz.  Zu Besatzungszeiten in den 1940ern unter der KBS 184e firmierend, endete zwischen Bitche und Niederbronn der Gesamtverkehr um 1996.  Der Verkehr zwischen Lothringen / Saarland und dem Rheintal (Strasbourg) läuft seit 1895 über die südwestlichere Route (Mommenheim).
Während die jeweiligen verbliebenen Äste noch von den Hauptorten Sarreguemines und Haguenau bedient werden, wächst die durch tiefe Wälder führende Strecke rasend schnell zu - Fotos von Dezember 2004:

Zuwachsendes Gleis Einschnitt bei Eguelshardt Winterimpression
Tiefer Felseinschnitt, teils verschüttet Wegübergang und Einschnitt bei Bitche

 

Unbedingt Erwähnung finden muss:  Bannstein - Muterhouse.
Diese Strecke ist weitgehend unbekannt. Sie zweigt bei Bannstein von der Strecke Niederbronn - Bitche ab und wurde schon 1870 (in Normalspur) erbaut und bereits 1955 stillgelegt. Sie wurde von der legendären Dynastie um deDietrich zum An-und Abtransport von Material in die Fabrik von Muterhouse und zum Abkippen von Schlacke in die umliegenden Wälder erbaut. Hierzu wurden mehrere teils verzweigte Anschlussgleise in die umliegenden Wälder gelegt. Dort findet man heute noch -oft unter Laub verdeckt- Schlackeklumpen und  Schamottesteine mit anhaftender Schlacke.
Sehr fotogen und für Eisenbahnarchäologen reizvoll die teils mächtigen Felseinschnitte  (Fotos von Dezember 2004):

Gemauerter Einschnitt bei Bannstein 500m langer Einschnitt
in Fels gravierte Jahreszahl Kilometerstein 2


Unter "deutscher" EL-Verwaltung erbaut:  Wingen - Münzthal.
Diese Stichstrecke band Fabriken in St.Louis lès Bitche (Münzthal) an die erwähnte südwestlichere Vogesenquerung bei Wingen sur Moder an; es waren in dem topographisch anspruchsvollen Gebiet immerhin zwei Tunnel erforderlich.  Verkehr fand zwischen 1897 und 1969 statt (Strecke 9-8, kurz KBS 284a).  Die Trasse ist großteils Wanderweg (mit hohen, schlanken Beton-Kilometersteinen); der Tunnel bei Soucht verschlossen, der kurze bei Meisenthal war nach einem Wasserrohrbruch eingestürzt und in der Folge samt Einschnitten restlos abgetragen worden.
Siehe auch in der Tunneldatenbank.

Strecke mit schönen Durchlässen; Rosteig - alter Bahnhof; die Widerlagerreste... sind heute leider abgetragen (Fotos 2006)
Es wechseln Dämme mit Einschnitten; Stützmauern im Verfall Soucht, hier Tunnel-Nordportal (2006)
Meisenthal:  Tunnel überschüttet Reste Widerlager, jeweils... ...mit Hinweistafeln "Ancienne... 1897/1969"

 


Nord-Süd-Verbindung, offenbar mit strategischen Plänen:

    Extraseite  Ex KBS 284m  Molsheim - Zabern     

 

Walbourg
Der Bahnhof liegt an der Strecke Haguenau - Grenze Wissembourg und ist unzweifelhaft ein verkannter Reliktschwerpunkt; drei abzweigende Strecken und ein ausgedehntes 600mm-Militär-Industriebahnnetz (allesamt stillgelegt) lassen aufhorchen:

2004: Walbourg - Rest Gleis Richtung Surbourg Lembacher Bahn: Brückchen Halbmuhlbach

 

Während die alte KBS 282b nach Lembach (erbaut in den 1890ern, Pv endete 1947) in den 1990ern großteils zu einem Radweg umgebaut wurde (im Wald bei Walbourg dagegen verwachsen / befahrbar ist), war die ehemalige KBS 282p, einst Teil der Querverbindung Mertzwiller - Selz von 1893 noch streckenweise (bis Surbourg) - wie hier am km 13 - in überwucherter Stillgelegtheit (Bild links, 1994);  der noch lange bis Hatten liegende östliche Ast ist spätestens seit Ausbau der N363 (früher: RI2) zur A35 gekappt und nun in Seltz sogar überbaut - alles hinreichend bekannte "Vorgänge":

 

Spazierwaldweg mit alter... ...Bahnbrücke vor Neiderroedern; dort... ...ehem.Bhf-Gelände (2006)
Weg vor Seltz Wohngebiet überbaute Trasse, hier Einfädelung (2006)

 

Die dritte Abzweigung, die Nordumfahrung Haguenaus im Zuge der Strecke Mertzwiller - Seltz, überbrückte nach einem nach Osten ausholenden Bogen die Nord-Süd-Strecke und strebte auf hohem Damm durch dichten Laubwald nach Merzweiler an der Strecke nach Bitsch (1944 ebenfalls KBS 282p).
Bild zeigt Damm mit einem Kilometerstein; links die parallele Waldstraße (1994).

Fotos von 2004:  mächtiger Rest an einstiger Brücke über D62 (heute begradigt - hier Altstraßenstück Rastplatzzufahrt) mit Sandsteinwiderlagerresten; winzige Waldwegüberbrückung.
Fotos von 2006 (u.): einstige Überquerung der Nord-Süd-Bahn; Durchlass im Einholbogen vor Walbourg

 

Die 600mm-Mun-Anschlussbahn, teilweise zweigleisig !!
Südlich von Merzviller versteckt sich im Wald ein umfangreiches Militärgelände, offenbar eine Muna oder ein Depot.  Neben den normalspurigen bis vor kurzem vorhandenen Gleisen (angebunden an die Strecke Hagenau - Obermodern) gab es eine viele Kilometer lange Militärbahn in 600mm Spurweite, weit aufwändiger trassiert als eine Feldbahn.  Sie überbrückte die Bahn Hagenau - Niederbronn samt paralleler Fernstraße und strebte mit hohen Dämmen gen Walbourg, schwenkte nördlich des Bahnkontens Walbourg nach Nordwesten um über Pechelbronn nach Drachenbronn zu verlaufen (hier heute Kasernengelände).
Interessant ist dass von der 600mm-Strecke der Bahndamm im Wald noch fast vollständig erhalten und größtenteils befahrbar ist, bevor die Strecke über der Sauer aus dem Wald heraustritt. Die Brücke über die Sauer und die Widerlager sind vollständig abgetragen.  Die Sauer ist hier sehr flach und ca. 3m breit. Über das Feld ist der Damm  ebenfalls verschwunden. Ein kurzes Stück ist erst wieder vor dem Wald bei Hoelschloch zu erkennen. Ab Pechelbronn ist der Damm wieder ein Weg samt Brücke bei einem Teich bis zur Straße nach Lampertsloch. Ab dort zugewachsener Damm. Hintergrund der Bahn: die umfangreichen Munitionslager in den Wäldern um Hagenau.  Dazu: bei Pechelbronn gab es einst eine riesige Raffinerie, die das  Öl aus der Umgebung zu Asphalt usw. verarbeitete. Sie war im 2.WK auch  Hydrierwerk und wurde deshalb von der US-Luftwaffe mit ca. 1660 Bomben "bedacht".  Wiederaufgebaut produzierte sie noch bis in die 70er und wurde Ende der 1980er  komplett abgebaut. Das Öl wurde in der ganzen Umgegend unterirdisch (!)  in Sickerkanälen gesammelt und nach oben gepumpt. Dort wurde es mit der 600mm-Bahn zur Raffinerie transportiert. In Walbourg bestand evtl. eine Umladeanlage...  Auch das normalspurige Anschlussgleis von Soultz nebst parallelem Werksgleis (kleinspurig?) gen Pechelbronn existiert nicht mehr.

Fotos von 2004 (v.l.):
Lokschuppen in Walbourg; kleine Brücke überbrückt einen Graben (Jahreszahl 1929); Brücke der 2-gleisigen-600mm-Mun-Anschlußbahn über die D62 und die Bahn nach Niederbronn:

Fotos von 2006:  Waldtrassenspuren in den Fluren "le Grundel" (vor Unterquerung der Querbahn), an Einmündung des östlichen Südastes; dieser nach Querbahnunterquerung.
Zweite Reihe:  Trasse parallel zur Nord-Süd-Bahn kurz vor Bf.Walbourg (links; Blick Süd);  Strecke nach Drachenbronn, Eindrücke bei Lampertsloch (aufwändige Wasserabläufe!)

Dank für Fotos und Infos an Peter Schöler

 

Verbindungsstrecken und Verbindungskurven

Das nördliche Elsaß, die Umgegend Hagenau ist gespickt von kleineren Verbindungsbahnen und Verbindungskurven.  Neben den Wäldern von Hagenau mit seinen Militärobjekten spielt die Eigenschaft als Transitregion (Luxemburg/Saar/Lothringen - Schweiz/Italien) eine Rolle; während die kleinen pittoresken Städtchen und Dörfer zu geringen Verkehr gerierten, konzentriert sich der Bahnfernverkehr auf die ausgebauten und elektrifizierten Magistralen (so auf Sarrebourg - Strasbourg) sodass eine Reihe alter stillgelegter Strecken vorliegen:

Wissembourg - Lauterbourg
Die beiden Grenzstädtchen haben jeweils grenzüberschreitende Bahnstrecken vorzuweisen, die sogar Personenverkehrsrenaissance sahen; ihre Querverbindung (ex KBS 282n) existiert seit den 1970ern nicht mehr - es erinnert ein Radweg auf weiten Teilen an die Bahn, aber Brücken um Schleithal und Scheibenhard sind abgetragen.

Nahe Wissembourg: unmerklicher Damm..., ...dann Radwegbeginn (2006)

 

Haguenau - Roeschwoog mit Kurve Bischwiller - Oberhoffen
Die Strecke ist Teil der strategischen Bahn mit Rheinbrücke Wintersdorf und dementsprechend großzügig ausgebaut (Überführung der Strecke Strasbourg - Haguenau).  Letztere Kurve (eröffnet 1900, Pv bis 1939) ist lange abgebaut (ex KBS 282h), erstere Strecke (ex KBS 282q) existiert in allmählichem Verfall:

 

Einfahrt Roeschwoog von Hagenau, 2004.  Links Reste des einstigen Dampf-BW.

 

Schweighouse-sur-Moder - Obermodern   Außer Betrieb; zögerlich zuwachsend (2006)

Neubourg - der BÜ der D627 Überbrückung der Schalkendorfer Zufahrt Einfahrtsignal Obermodern von Hagenau

Obermodern - Steinbourg mit Kurve Obermodern und Verbindungsbahn Bouxwiller - Ingwiller
Erstere ist als Teil der strategischen Bahn von Wintersdorf zwischen Schweighausen (an der Hagenau - Bitscher Bahn) und Buchsweiler 1881 eröffnet worden (1944 KBS 282q bis Steinburg - bis dort 1882 eröffnet). Der Personenverkehr endete 1970 (Obermodern - Bouxwiller) bis 1973 (Bouxwiller - Steinbourg).
Letzere Strecke (ex KBS 284b) von 1889 mit einigen Brückchen, parallel zur D 6, bereits in den 1970ern als abgebaut bezeichnet (Pv nur bis 1953). 

Kurve Obermodern (W<>N) teils aufgefüllt Überbrückung der Straße nach Griesbach Ex-Einschnitt nahe Steinbourg Bl.Rosenwiller

 

Verbindunskurve Pfaffenhoffen
Unspektakuläre Parallellage zur D 235, Geschichte seit ca. 1980ern.

Weitere Infos und Fotos in Planung.

 

Berühmte Kanaltunnel bei Arzviller
Bis in die 1970er Jahre zogen kleine elektrische AEG-Treidelloks Schiffe durch die beiden Tunnel des Canal de la Marne au Rhin.  Dieser entstand Mitte des 19.Jahrhunderts, hier parallel zur Hauptstrecke Paris - Strasbourg, wobei die langen Tunnelanlagen sowohl mehrere Entlüftungskamine "chemines" als auch Sicherheitsquerstollen erhielten - einzigartige technische Denkmäler unter Verkehr:

Schienenreste der alten Treidelbahn Neben Kanal- ein Eisenbahntunnel  (1994)

 

Strategische Verbindungsbahn und Rheinquerung bei Roeschwoog:

    Extraseite:
Wintersdorf und der strategische Rheinübergang
 

 

Am Odilienberg

Ex KBS 284s  Rosheim - St.Nabor  (12km)
Eigener Bahnhof wenige Schritte vom Reichsbahnhof (Strecke Molsheim-Schlettstadt).
Die bequemen Wagen bieten schöne Aussicht auf das reiche Land.  Manche Züge fahren nur bis Ottrott.  [1]
Zuletzt noch bedeutende Steinabfuhr des Bruches Otrott am Fuß des Odilienbergs (inklusive Spitzkehre).  Stillgelegt Herbst 2003.  Jüngste Freischneideaktion als Vorarbeit des Abbaus?

Rosheim: Schienenimpression Kleine Bahnbrücke
Bahnübergang im Anstieg Auf zum Odilienberg  (je 2004)

 

Weitere Bahnen zwischen Colmar und dem Sundgau siehe  Elsass - der Süden 

 

 

Literatur:
[1]  Curt Mündel, Die Vogesen, Strassburg 1906

 

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