Halle an der Saale.
Die Stadt entwickelte sich durch
umfangreiche Salzvorkommen. Stets in Konkurrenz zur nahen, größeren
Handels- und Messemetropole Leipzig, hatte sie doch eine Reihe von
Vorteilen: günstig an der Saale gelegen, mit Hafen; später immer Sitz
von Eisenbahn- / Reichsbahndirektionen gewesen, gekrönt durch die Ansiedlung
der Zentralen Versuchs- und Erprobungsstelle. Die Reichsautobahn Berlin -
München wurde mittig zu Halle und Leipzig gelegt.
Zu DDR-Unterdrückungszeiten Hauptstadt des gleichnamigen Bezirkes und Sitz
der SED-Bezirksleitung.
Die spannende Geschichte der
Verkehrswege in einem subjektiven, aber repräsentativen Querschnitt:
Luftverkehr
Östlich von Nietleben, am
Südrand der Dölauer Heide, befand sich zwischen 1925 und 1927 (Eröffnung
des Flugplatzes Halle-Leipzig bei Schkeuditz) der Verkehrsflughafen von Halle. Das große Gelände der alten
Landes-Heilanstalt (ehemals Provinz-Irrenanstalt) wurde danach von
Flugsportgruppen, ab 1936 von der Luftnachrichtenschule sowie ab 1948 von
sowjetischen Streitkräften als Militärgelände genutzt; vom
täuschungsvernarrten Dritten Reich kündet
auch die Existenz des "geheimen" Anschlussgleises mit dem Codenamen
"Dr.Sagebiel". Heute ist das Anschlussgleis fast verschwunden,
das Kasernen-/Flugplatz-Gelände sieht derzeit seine Überbauung mit dem
Stadtteil Heide-Süd.
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Nach Kreuzen der Straße
"Zur Gartenstadt" endet das einstige Anschlußgleis in einem
Holzschwellenhaufen; eine breite Waldwegschneise erinnert an lange
zurückliegende militärbezogene Bahntransporte. |
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Dieses Anschlussgleis folgte in
etwa einer uralten, spätestens in den 1930ern aufgegebenen
Anschlussbahn. Das Gelände der Martin-Luther-Universität am
Weinbergweg war früher von einer Fabrik (Brikett?) bebaut; die
Güterzulieferung erfolgte mit einem etwa 2,5km langen Anschlussgleis ab
Halle-Hettstedter Bahn, der Anfang war etwas nördlicher zum heutigen Hp
Nietleben. Ein nicht einmal 100m über NN "aufragender"
unbewaldeter Hügel westlich der damaligen Irrenanstalt hatte dabei einen etwa
330m langen Tunnel erfordert, der schon in Urmeßtischblättern nurmehr
mit jeweiligen Voreinschnitten verzeichnet ist.
Seine genaue Lage: N 51°29'30" E
11°55'54". Heute befindet sich darüber der
Helene-Stöcker-Platz, sind die Einschnitte aufgefüllt, befinden sich Gärten
und Häuser darüber. Auch der zweite, ca. 80m lange Tunnel unter dem
Weinberg, der nach Bahneinstellung vermauert worden war, ist spätestens seit
Neubaus diverser Uni-Institute nicht mehr aufzufinden; an einer
vergitterten Treppe, in etwa auf Höhe des alten Westportal, erinnert eine
Tafel des "Braunkohlenpfads" an diese spannende Historie - im Web ist ein
Dokument hierzu aufzufinden (ig-waldheil.de).
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Kohlenbahn
An der Scharnhorststraße findet sich heute ein Lüftungsstollen:
dieser (verlängerte) Querstollen dient dem Fledermausschutz und mündet
wohl bis heute in den längeren Tunnel. |
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Natürlich ist der nahegelene ehemalige
Militärflugplatz Merseburg immer einen Besuch wert. Erbaut in den
1930ern, genutzt bis 1991 durch die Sowjetarmee (die Piste war 2500m lang) -
heute ein (verkürzter) Sonderlandeplatz und ein kleines Museum:
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2008: ehem.
südliche Aufstellbereiche und in der... |
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...Ferne die
Shelter |
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Zwei alte
Interflug-Jets als Café |
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Wasserwege
Obwohl die Saale -im Gegensatz zu Elster, Pleiße, Luppe in Leipzig- ab
Halle eine gewisse Schiffbarkeit erlaubt(e), hat es naturgemäß im Laufe der
Jahrhunderte viele Versuche gegeben, mit Flussverlegungen und Kanalisierungen
immer leistungsfähigeren Schiffen den Weg zu ebnen. Allein die
Hallesche Hafengeschichte ist ein eigenes Kapitel wert; hier mögen zunächst
einige wenige Beispiele genügen:
das Bett und der Arm der Wilden Saale im Bereich Sandanger ist
verschwunden und mit ihr parallel liegende Brücken der Mansfelder Straße
(R80) und Halle-Hettstedter Eisenbahn an der einstigen Straßenkreuzung R80 /
R88. Letztere Fernstraße, früher von Angersdorf - Passendorf kommend
und nach Norden (Kröllwitz) führend (in der Region Halle nur kurzlebig,
siehe unten) ist dorthin eine normale Stadtstraße (Gimritzer
Damm), immerhin nach wie vor mit Straßenbahnbegleitung. Die Fläche des
Wilde-Saale-Bogens ist mit einem Fußballzentrum (mehrere Plätze)
"überbaut".
Begonnen und unvollendet geblieben: der Saale-Kanal. Parallel zu den
Mäandern der Wilden Saale bei Böllberg-Wörmlitz gelegt, wäre er Teil des
Mittellandkanals zur Binnenschiffanbindung Leipzigs geworden. Die einige
Kilometer langen, Ende der 1930er Jahre fertiggewordenen Kanalabschnitte
dienen heute als Rudertrainingsstrecke bzw. dem illegalen Baden.
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Saalekanal, Blick
Nord |
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Brücke ebenso
zeitgenössisch? |
Das mächtige Brückenbauwerk der
Halle-Kasseler Bahn (genietete Stahlkastenkonstruktion), das den Kanal nahe Angersdorf
überbrücken sollte, ist erst Mitte der 1990er abgetragen worden; der neue
geschüttete Bahndamm ist anhand des frischeren Bewuchses vom
"Urbestand" zu unterscheiden.
Zu den nahegelegenen weiteren, großen Relikten
des unvollendeten Mittellandkanals (Elster-Saale-Kanal) siehe unter Wasserwege.
Straße
Gleich mehrere Fernstraßen tummeln sich in und um die Saalemetropole.
Nachdem der Autobahnring (A14, A38, A143) in nächster Zukunft geschlossen
sein wird werden die Bundesstraßen ihre Bedeutung nicht verlieren, im
Gegenteil. Trotzdem sind auch in diesem Verkehrsreliktbereich Stellen
von Interesse vorzufinden:
der Weg nach Nordosten (Bitterfeld, Autobahn Berlin) ist durch die alte
Reichsstraße 100 (Halle - Wittenberg) vorgezeichnet; schon zu DDR-Zeiten
wurde die seinerzeits F100 genannte Magistrale vierspurig ausgebaut und mit
der Ortsumfahrung Hohenthurm versehen. Die Anbindung dieses Ortes ist erst
jüngst endgültig "gelöst", vormalige Kreuzungen oder Abfahrten
nurmehr Geschichte.
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Alte R/F100 südwestlich Hohenthurm -
Blick Halle:
Kopfsteinpflaster noch aus Weimarer Zeit ?
Plattentektonik Original DDR
Keine Abfahrt Hohenthurm mehr, dient als Parkplatz des nahen Badesees. |
Von der alten Reichsstraße 88 (in dieser
Region; heute endet sie in Naumburg, einst in Freyburg - ob der Tagebau
Mücheln sie endgültig verdrängte? siehe hierzu unter TTT) spricht auch niemand mehr; vielleicht sollte man erwähnen, dass in
Angersdorf-Schlettau eine Straßenbegradigung die alte Fernstraße zu einer
Art kurzem "Altarm" degradierte, dass kurze Stücke als Sackgassen
und Wohnstraßen (Naumburger Straße in Halle-Neustadt) weiterexistieren oder
dass der einst durchquerte Ort Passendorf verschwunden ist - an seiner Stelle
steht heute die Trabantenstadt "Südliche Neustadt"... Für
Detailbesessene: der nördliche Bogen des Platzes Drei Lilien sowie der
diagonale Fußweg zwischen der Hinteren Kamm- und Richard-Paulick-Straße sind
Überreste der Fernstraße, die erst in Halle-Nord ihr nördliches Ende fand.
Der Weinbergweg an der Uni verbirgt seine kurzzeitige "Ehrung" recht
gut...
Im Süden der Berichtsregion hat es zwei
interessante Kreuzungen mit Eisenbahnen gegeben: in Delitz überbrückte
die Fernstraße (heute L163) bis zur Abtragung Anfang der 1990er die hier
stillgelegte Nebenbahn Angersdorf - Bad Lauchstädt (siehe unten) und südlich
von Klobikau zeugt eine sehr breite Sackstraße von der Führung der
temporären Reichsstraße, gekrönt von einer noch heute vorhandenen Brücke
über die ehemalige sehr lange Tagebaufeldbahn von Merseburg. Die sich
hier ausdehnenden riesigen Brikett-Tagebaue sind der Grund für das
Verschwinden der Straße; eine neue Tagebaubahn von Frankleben der Grund für
das Ende der Feldbahn.
Klassisch dagegen die Situation der alten
R/F80: als Eislebener Straße endet sie im Westen stumpf, die heutige
B80 ist die südlicher gelegene DDR-Schnellstraße Halle-Eisleben.
Immerhin erlaubt die alte Fernstraße als Stadtstraße durch Nietleben eine
Orientierung vor den Toren der Plattenbau-Megasiedlung Halle-Neustadt.
"Lediglich" östlich des alten Bahnübergangs "Zur
Gartenstadt" ist sie komplett in der Neustadt untergegangen.
Ganz im Süden sei noch auf die spannende Situation Holleben aufmerksam
gemacht: die neue Bahnstrecke Merseburg - Angersdorf
(Chemiearbeitertangente Buna - Neustadt einst DR KBS 601, heute KBS 588) löste in der Ortslage Holleben die
alte Angersdorf - Lauchstädter Nebenbahn ab wobei der Einschnitt der
Neutrasse die alte Ortsverbindungsstraße Holleben - Teutschenthal (Süd)
kappte (Diese seit 2004 der Zubringer zur A143). Heute ist sie als Wohnstraße "Thomas-Müntzer-Straße"
eine ruhige Sackgasse, auch der Bahnübergang der Altbahn (dazu unten mehr) ist seit kurzem
Geschichte.
Zu einem Fußgängerüberweg rückgebaut schließlich der Bahnübergang über
die Neubahntrasse der alten Ortsverbindungsstraße Benkendorf - Delitz (K2156); die Plattenbau/Pflasterstraße erhielt jüngst neue
Alleenbepflanzung.
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Ende der
Thomas-Müntzer-Str vor KBS 588 |
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Ex K2156
(Pflaster), nicht mehr für Kfz |
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Dito Blick Ost bei
Delitz 2008 |
Eisenbahn
Wer mit dem Auto aus Berlin kommend, sich der Saalestadt über den
Zubringer Berliner Straße (B100) nähert, kann einen durch die Schnellstraße
unterbrochenen Bahndamm nicht übersehen; dabei handelt es sich um eine
strategische Verbindungskurve: sie gestattete in der Relation Magdeburg -
Leipzig die Umfahrung des Knotens Halle (ohne zweimalige Elbquerung) über
Niemberg - Hohenthurm - weitere Verbindungskurve - Zwebendorf (und Südkurve
Delitzsch), und war aus militärstrategischen Gründen (im Gesamtprojekt
alternative Muldequerung bei Eilenburg) errichtet worden.
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Damm der
strategischen Kurve schneidet B100 nordöstl. Hohenthurm |
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Sogar ein
Schaltkasten überdauert |
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Prellbock der
ehem.Kurve Zwebendorf-Hohenthurm |
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Kurve als
Feld-Grenze nachvollziehbar |
Weit interessanter hier der Eisenbahnknoten Halle selbst: neben den
Routen von/nach Magdeburg (1840 als welterste grenzüberschreitende
eröffnet!), Berlin, Delitzsch (-Cottbus), Leipzig, Naumburg (-Nürnberg),
Nordhausen (-Kassel) - alle unter Fahrdraht - sowie Halberstadt, sämtlich im
unveränderten Gedeihen, gab es einst noch ein bisschen mehr: 1894 nahm
die Hafenbahn ihren Betrieb auf, sie erreichte über einen südlichen Bogen
die von Saalearmen umflossene Gemarkung Pulverweiden und die Salinehalbinsel
mit ihrem Sophienhafen. Nahebei, am Bahnhof Halle-Klaustor, nahm 1895 die
private Halle-Hettstedter Bahn ihren Anfang; über mehrere
Stahlbrücken über die Saalearme strebte sie nördlich des Ortes Passendorf /
Rennbahn, Nietleben und der Dölauer Heide gen Nordwesten. Noch vor 1930
konnte dann vom Hbf über die Hafenbahn die Strecke nach Dölau - Hettstedt
erreicht werden - der alte Bhf Klaustor wurde aufgegeben. An der Stelle des
daraufhin verwendeten "Hettstedter Bahnhofs" befindet sich heute ein
riesiges Kaufhaus. Die seit den 1960er Jahren aus dem Boden gestampfte
Trabantenstadt Halle-Neustadt "verschlang" die Orte Passendorf und
Nietleben; riesige Erschließungsstraßen und Plattenbauensembles ließen für
die alte Lenz-Bahn keinen Platz. Dem letzten Personenzug zwischen Halle
und Gerbstedt (nahe Hettstedt) am 11.3.1968 setzte K.E.Maedel ein
literarisches Denkmal; schon ein Jahr zuvor freilich nahmen umgebaute LVT (mit
neuer Trasse zwischen Angersdorf / an der Nordhausener Bahn und
Halle-Nietleben) bis Halle-Neustadt ihren S-Bahn-Vorlaufbetrieb auf;
richtiger Stadtschnellverkehr (Doppelstockgarnituren) wird seit 1969 geboten
(2002 freilich vom Endpunkt Dölau nach Halle-Nietleben zurückgenommen).
Die Situation heute (stadteinwärts):
Zur ehemaligen Halle-Hettstedter
Bahn westlich Salzmünde siehe Extraseite (gepl.)
Bei Zappendorf kreuzten sich früher die Halle-Hettstedter Bahn (ex KBS 181e)
und die Stichbahn Teutschenthal (an der Halle-Nordhausener Bahn) nach
Salzmünde (ex KBS 201c); letztere ist schon viele Jahre nur noch bis
Bennstedt (mit Agl Langenbogen, auch überwuchert) bedient, in Salzmünde
findet sich ein neuer Fußweg auf der Trasse bzw eine Kleingartenzufahrt:
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Zappendorf:
oben ex Halle-Hettstedter Bahn
unten einst Teutschenthal - Salzmünde |
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Gleis und km-Stein
überdauern |
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Einschnitt gen
Hettstedt |
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Blick zur Brücke
der Hettstedter Bahn über die Salza nahe Benkendorf 2014 |
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Dölau - Halle-Nietleben (2004-2006)Verwuchernde elektrifizierte ehemalige
S-Bahn Halle - Dölau, die einstige Halle-Hettstedter Eisenbahn.
Direkt daneben der "Sieger" L159 Halle-Salzmünde
(befördert: B242).
S-Bahn
Halle-Nietleben - Halle-Neustadt - Angersdorf ( - Halle Hbf - Halle-Trotha)
über Neubautrasse (Tunnel siehe Galerie
Tunneldatenbank)
"Mittelalte" Hettstedtbahntrasse zwischen Neustadt-Stadtpark (600m
südöstlich Bf Nietleben) und Holzplatz (Pulverweiden) in Wohnsilobereichen,
Megastraße samt Kreis (Rennbahnkreuz) aufgegangen. Die Bahnbrücke parallel zur Mansfelder Straße über den westlichsten
Saalearm mit diesem verschwunden: dort, neben Gimritzer Damm nun
Fußballzentrum Sandanger.
Bahnhofsbereich Hettstedter Bhf (mit Kaufhaus) und Hafenbereich Saline überbaut /
verändert, kaum Zeugnisse auszumachen - wenigstens von der teils parallel
verlaufenden Ziegeleibahn (Kohlebahn der Pfännerschaft Halle, ab 1876), in
900mm ausgeführt, überdauern Relikte: die Brücke über die Saale (mit
Kanalrest) beherbergt eine Gasleitung, eine Flutungsbrücke über einen
Wassergraben zum Sophienhafen zeugt als Trassenstück samt aufgestellten Zuges
(externes Rollmaterial) vom Verlauf in die Saline (heute teilweise
Museum).
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Alte
Ziegeleibahnbrücke mit Gasrohr |
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Unoriginaler
beispielhafter Salinenbahnzug |
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Saline: Ruinen und
ein Gleisrest |
Im Park Pulverweiden (Saalehalbinsel) finden sich noch einige Reste
der Hafen- bzw. Hettstedter Bahn samt einstiger Werksgleise; Fabriken freilich
sind gänzlich verschwunden:
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Schienenreste |
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Betonbahnbrückchen |
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Restaurierte
Hafenbahnbrücke |
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Schwellenreste |
Die alte Hafenbahnbrücke dient
(nach Restaurierung) nun
exklusiv Fußgängern; leider wurden nur wenige Schienenreste gerettet, anhand
überbreiter Widerlager lässt sich die einstige Bahn / Weg - Teilung
nachvollziehen.
Hafenbahn zwischen Turmstraße und Thüringer Bahnhof seit Millennium zu
Radweg umgestaltet, nette Accessoires.
Dies und das
Der alte Thüringer Bahnhof
(Denkmalschutz, Hinweistafeln) und die alten Industriegleisverläufe gen
Süden (parallel zur Roßbach- und Ottostraße) weisen auf den uralten
Trassenverlauf der Südstrecke (Naumburg, Thüringer Bahn) hin; die heutige
Hauptbahn verläuft gebündelt mit der Nordhausener und S-Bahn-Strecke von
Halle-Neustadt ab Höhe Kasseler Straße etwa 500m weiter östlich und
erreicht so -auch kreuzungsfrei mit der Leipziger Bahn- die Haupt- und
Güterbahnhöfe der Saalestadt.
Apropos Industriegleise: im Stadtbezirk Ost (Diemitz, Büschdorf) finden
sich noch eine Vielzahl von Werksanschlüssen, während südlich der
Ausfallstraße Delitzscher Straße diese fast gänzlich verschwunden sind;
hier, in der Reichsbahnsiedlung, sind einstige Zufahrtsstraßen ebenso
zugunsten von Anwohner- und Kleingartenzuwegen rückgebaut worden. Die
Gleisanbindung um den Kanenaer Weg erfolgt(e) mittels tunnelartiger
Unterführung unter dem Rangierbahnhofsfeld - eine interessante unterirdische
Abzweigung zeugt von einstigen regen Anschlussgleisbedienungen:
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Linke Agl gen
Norden lange tot |
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Kanenaer Weg |
Nebenbahnen im Großraum Halle
Ein Kapitel, das Bände füllen
könnte. Zwei stillgelegte Vertreter seien hier herausgestellt:
Bad Lauchstädt - Angersdorf
Diese Strecke ist fast ein
Mysterium. Im Norden bestand offenbar nur Personenverkehr zwischen
Angersdorf und Holleben; der weitere Trassenverlauf findet sich nicht in
Kursbuchkartenbeilagen. Denkbar ist eine Verwendung als reine Güterbahn
in diesem von Tagebauen, Brikettfabriken und Chemiewerken geprägten flachen
Land. Gesicherte Erkenntnis ist, dass nach Errichtung der Trabantenstadt
Halle-Neustadt und Expansion des Chemiestandortes Merseburg-Buna-Leuna die
Reichsbahn eine neue elektrifizierte eingleisige Strecke baute, welche die
Chemiearbeiterpendlerströme aus der Wohnstadt zu den Chemiefabriken unter
Umgehung der Metropole Halle oder des kleinen Bahnhofs Bad Lauchstädt
(Strecke Merseburg - Schafstädt) lenken
sollte. Tatsächlich verläuft die neue Trasse in Holleben
südwestlicher und strebt schnurgerade zum Werksbereich Buna. Sie ist
zeitgleich zur Halle-S-Bahn 1967 eröffnet worden (DR-KBS 601) und sah über
Jahrzehnte bis zu 12teilige (!) Doppelstockeinheiten.
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Alte Bahn kreuzt(e)
Thomas-Müntzer-Str |
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Neubautrasse mit
SE nach Halle-Neustadt
Baumreihe in 1000m ist alte Angersdorf-Lauchst. Bahn |
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Blick von Delitz
zum Damm, der bald die neue
Trasse rechtwinklig schneidet (2008) |
Reste der
alten Trasse hielten sich bis in die 1990er mindestens zur Bedienung von
Werken in Holleben Süd. In Delitz ist die alte Straßenbrücke
(kurzzeitig R88, heute L163) wie die gesamte Trasse verschwunden, weiter südlich
stellt sie einen Feldweg (teils in tiefem Einschnitt, mit schöner alter
Wegbrücke) dar. Seit Errichtung der Südharzautobahn ist der Rest in
Form des
Anschlussgleises Lauchstädt - Umspannwerk (hier Gewerbegebiet im Aufbau) ohne Kreuzung und verschwunden.
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Prellbock vor neuer
A38. Hinten Bäume uralte Trasse; "mittelaltes"
Umspannwerk-Agl exakt von Autobahn überbaut (2008).
Südlich von Delitz
erhielt ein schon immer tot in Feldern endender Weg eine schöne
Brücke; auch unter der offenbar 23m langen und 3m breiten Brücke
dient ein Feldweg dem LPG - pardon, LGB-Verkehr... |
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Auch die angesprochene
Stichstrecke Merseburg - Schafstädt (eröffnet 1896), aus der in Bad
Lauchstädt die Strecke nach Angersdorf und in Elisabethhöhe die Neubautrasse
durch Buna-Schkopau gen Holleben ausleitet verdient Beachtung: so war
wegen Tagebau bzw Absetzbeckens zwischen Milzau und Elisabethhöhe eine
Nordverschwenkung nötig (Alttrasse im Osten ein Stück nachvollziehbar, alte
Bahnbrücke nördl. Knapendorf über (umgelegte?) Laucha zeitweise für
Werksstraßenverkehr? - an dieser unten gezeigten Stelle war früher der Hp
Knapendorf und der Beginn des Agl zur Grube Pauline) und auch ein kurzes Militäranschlussgleis nach Süden
zum (ehemaligen) sowjetischen Militärflughafen Merseburg ist noch in Ansätzen erkennbar...
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Annemariental:
auf dem alten Bahndamm |
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Lauchabrücke,
Widerlager Ost |
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Eine
Werksstraßenruine |
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Widerlager West
(je 08) |
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Schafstädt 2008:
schon sehr bewachsen, aber auch... |
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...Spuren der
"neuen Bahn" |
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Ein mächtiges Fundament zeigt die
Überbrückung der Laucha für eine breite Werksstraße (Dumper?) - an dieser
Stelle dürfte sich einst die winzige Brücke der bzw die alte
Ortsverbindungsstraße Knapendorf - Dörstewitz befunden haben, welche ja in
besagten Halden und Absetzbecken untergegangen sind.
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Fundamente einer
Lauchabrücke |
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Hintergrund Halde
und Chemiepark Buna (2008) |
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Merseburg - Leipzig
Diese Strecke verläuft im Herzen
des mitteldeutschen Städtedreiecks und verbindet in westöstlicher Richtung
zwei Oberzentren. Was anderswo zu regem S-Bahn-Verkehr Anlass geben
würde (wie Klee* richtig bemerkt) ist hier seit 2001 im Personenverkehr stillgelegt!
Daten: Leuna - Zöschen eröffnet 1928, Zöschen - Leipzig-Leutsch
1931; Teilstrecke Leuna - Abzw Tragarth für Güterbahntangente MIBRAG in
Betrieb.
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Bahnbrücke vor
Kriegsdorf, heute Friedensdorf |
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Alter Bahnhof
Zöschen:
verwegene Architektur |
Literatur:
Rammelt/Fiebig/Preuß, Klein- und Privatbahnarchiv Band 1, Berlin 1989
*Fiegenbaum/Klee, Abschied von der Schiene, Stuttgart 2000
Wunderlich, "Schlangen nach Buna und Leuna" in em 4/93
Dank für Berichtigung an
Hans-Joachim Keneder und Romeo. Fotos von 2004, falls nicht vermerkt.
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